KINDERWUNSCH MEDIZIN

Für viele Paare mit unerfülltem Kinderwunsch ist die moderne Reproduktionsmedizin die letzte Hoffnung

Wenn sich ein Paar entscheidet, die Hilfe moderner Reproduktionsmedizin in Anspruch zu nehmen, hat es sich im Vorfeld intensiven Untersuchungen unterzogen, um mögliche Ursachen für die ungewollte Kinderlosigkeit herauszufinden. Nach einem ausführlichen Beratungsgespräch, erstellt der Arzt einen individuellen Behandlungsplan.

Verschlossene Eileiter
Sind die Eileiter verschlossen, kann der Arzt sie eventuell in einer mikrochirurgischen Operation per Bauchspiegelung öffnen. Ob das möglich ist, hängt vom Zustand der Eileiter und vom Alter der Patientin ab. Einer über 37-jährigen Frau wird kaum ein Arzt zu einer Operation raten. Weil es unsicher ist, ob der Eingriff gelingt, haben diese Frauen mit einer künstlichen Befruchtung meist bessere Chancen auf eine Schwangerschaft

Befruchtung mithilfe der Reproduktionsmedizin
Die Hormonbehandlung der Frau beginnt am dritten Tag des Zyklus. Täglich wird eine bestimmte Menge Fruchtbarkeitshormone gespritzt. Je nach Diagnose des Arztes sind auch schonendere Verfahren denkbar, bei denen mit Tabletten begonnen wird. Meist wird die Eizellenreifung ab dem achten Zyklustag mittels Ultraschall und Blutuntersuchung kontrolliert. Das Hormon wird dem Erfolg entsprechend dosiert. Ist der Follikel groß genug, wird der Eisprung mit einem weiteren Hormon ausgelöst. Anschließend erfolgt die Befruchtung - entweder durch Geschlechtsverkehr oder mit Hilfe der Reproduktionsmedizin, zum Beispiel durch Insemination (Einbringen von Samen in die Gebärmutter mit technischen Hilfsmitteln).

Intrauterine Insemination (IUI)
IUI bedeutet Samenzellübertragung in die Gebärmutter und wird bei leichten bis mittelgradigen Störungen der Samenzellbewegung und -dichte durchgeführt. Der Weg der Spermien zur Eizelle wird so kürzer und die Wahrscheinlichkeit der Befruchtung höher. Da bei Einschränkungen der männlichen Fertilität die Zahl der Eizellen, die sich prozentual befruchten, mehr oder minder reduziert ist, hat es sich eingebürgert, durch eine Hormonbehandlung mehrere Eizellen "anzubieten". Voraussetzung für den Erfolg von IUI ist die einigermaßen genaue Festlegung des Zeitpunkts.
Schwangerschaftsrate pro Versuch: etwa 15 bis 20 Prozent

In-Vitro-Fertilisation (IVF)
Eine Befruchtung außerhalb des Körpers wird durchgeführt, wenn beispielsweise die Eileiter irreparabel geschädigt sind, die Sterilität durch Antikörper bedingt ist, die Zeugungsunfähigkeit des Mannes leicht eingeschränkt ist oder keine Ursache für die Kinderlosigkeit gefunden werden konnte. Bei dieser Form der Behandlung werden Ei- und Samenzelle in einer Glasschale zusammengebracht und nach der Befruchtung über einen dünnen Schlauch zurück in die Gebärmutter gegeben - laut deutschem Embryonenschutzgesetz maximal drei.
Schwangerschaftsrate pro Transfer: etwa 20 Prozent

Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)
ICSI ist eine Weiterentwicklung der IVF. Diese Methode kommt zur Anwendung, wenn die Spermien zu träge sind. Auch bei ICSI werden der Frau nach einer Hormonstimulation mehrere reife Eizellen entnommen. Unter einem speziellen Mikroskop wird dann ein einzelnes Spermium in eine dünne Pipette aufgezogen und direkt in die Eizelle eingebracht. Das Verfahren heißt deshalb auch intracytoplasmatische Spermieninjektion, kurz ICSI. Kommt es zur Befruchtung, können zwei bis drei Tage später Embryonen in die Gebärmutter übertragen werden.
Schwangerschaftsrate nach ICSI: etwa 20 Prozent

MESA/TESE
MESA (mikrochirurgische epididymale Spermienaspiration) meint die Gewinnung von Spermien aus dem Nebenhoden. TESE steht für testikuläre Spermienextraktion. Dabei wird eine Gewebeprobe aus dem Hoden entnommen, in der man häufig noch Samenzellen findet. Diese Behandlung wenden Kinderwunsch-Ärzte an, wenn überhaupt kein Spermium im Samenerguss vorhanden ist. Dies kann etwa bei inoperablen Samenleiterverschlüssen oder nach Tumoroperationen der Fall sein. Mittels ICSI werden die Samenzellen dann in die Eizelle transferiert.
Schwangerschaftsrate: etwa zehn bis 15 Prozent

Einfrieren von Eizellen (Kryokonservierung)
Auch bei bester Diagnostik lässt sich nicht immer vorhersagen, wie viele Eizellen tatsächlich gewonnen werden. Da bis zum 38. Lebensjahr der Frau, besser noch bis zum 40., nur zwei Embryonen zurückgesetzt werden sollen, um Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden, kann es sein, dass im Einzelfall mehr Eizellen übrig bleiben. Dabei handelt es sich um Eizellen, die sich auf dem Wege zur Befruchtung befinden. Bevor die Befruchtung stattfindet, bilden sich in der Eizelle ein männlicher und weiblicher Vorkern, die gut erkannt werden können. Sind sie von guter äußerer Qualität, können diese Vorkernstadien oder imprägnierten Eizellen eingefroren werden. Eine befruchtete Eizelle ist dies noch nicht, die Befruchtung würde erst später durch Verschmelzen der Vorkerne stattfinden.
Vorteil: Gerade solche Vorkernstadien überstehen das Einfrieren und Auftauen hervorragend. Hat man imprägnierte Eizellen eingefroren, so können sie für spätere Behandlungszyklen aufgetaut - sie befruchten sich dann von allein - und als Embryo eingesetzt werden. Solche Behandlungszyklen mit gefrierkonservierten Vorkernstadien sind wesentlich unkomplizierter, da hier üblicherweise keine Hormonbehandlung stattfindet.
Grundsätzlich können auch unbefruchtete Eizellen eingefroren werden - das macht man häufig bei Patientinnen, die vor einer Tumorbehandlung durch Chemotherapie oder Bestrahlung stehen, um auf diese Art und Weise einem späteren Fertilitätsverlust vorzubeugen.

IN DEUTSCHLAND ERLAUBTE METHODEN

Die Eizellen-Spende
Damit können sich Frauen, die aufgrund ihres Alters oder einer Hormonstörung keine fruchtbaren Eizellen haben, ihren Kinderwunsch erfüllen. Die Spenderin unterzieht sich einer Hormontherapie und lässt sich mittels Punktion Eizellen entnehmen. Diese werden mit dem Samen des Mannes künstlich befruchtet und in die Gebärmutter der Empfängerin eingesetzt.
Erlaubt in: Spanien, Belgien, Frankreich, Tschechien und den USA

Leihmutterschaft
Wenn eine Frau durch eine Erkrankung oder eine Operation kein Kind mehr austragen kann, ist eine Leihmutter eine der wenigen Möglichkeiten den Kinderwunsch zu erfüllen. Eine Leihmutter verleiht sozusagen ihre Gebärmutter, um ein Baby für eine andere Frau auszutragen. Es gibt verschiedene Arten von Leihmüttern. Die volle Leihmutter: Der Vater ist hier der Mann, dessen Frau das Kind nicht austragen kann. Die Befruchtung der Leihmutter geschieht entweder durch Geschlechtsverkehr oder durch Samenübertragung.
Die partielle Leihmutter: Die Eizelle stammt von der Frau, die kein Kind austragen kann – und das Sperma von ihrem Partner. Die Befruchtung findet im Reagenzglas statt, anschließend wird der Embryo der Leihmutter eingesetzt.
Erlaubt in: Belgien, Niederlanden, Griechenland, Russland, USA

Die Präimplantations-Diagnostik (PID)
Bei dieser Methode werden die Gene des Embryos genau unter die Lupe genommen, bevor man ihn in die Gebärmutter einpflanzt. Der Embryo wird dazu mehrere Tage kultiviert. Für die genetische Untersuchung werden ihm in der Regel zwei Zellen entnommen, die entweder auf Chromosomenfehlverteilungen oder einen spezifischen Gendefekt untersucht werden. Liegt kein auffälliger Befund vor, wird der Embryo in die Gebärmutter eingesetzt. Über 50 Gendefekte können so nachgewiesen werden. Lange ging man davon aus, dass diese Untersuchung dem Embryo nicht schadet. Inzwischen liegen erste Studien vor, die darauf hinweisen, dass die Entnahme von Zellen doch zu einer gewissen Entwicklungsverzögerung führt und nachfolgende Schwangerschaftsraten eher schlechter als besser sind.
Nach der neuesten Gesetzgebung darf die PID in Deutschland angewandt werden, wenn aufgrund der genetischen Veranlagung eine schwerwiegende Erbkrankheit oder eine Totgeburt wahrscheinlich ist. Zum Beispiel in Belgien, Polen und den USA ist eine PID auch ohne nachweisbares Risiko legal.

Der Blastozysten-Transfer
Anstatt wie bei der IVF achtzellige Embryonen in die Gebärmutter einzusetzen, lässt man Zellen reifen, bis sie zu Blastozysten geworden sind. Das sind Embryonen zwischen dem vierten und dem siebten Tag der Entwicklung, die bereits unterschiedliche Zelltypen entwickelt haben. Nur die besten Embryonen entwickeln sich im Reagenzglas so weit. Nach der Untersuchung werden die Chancenreichsten in die Gebärmutter eingesetzt. In verschiedenen Veröffentlichungen ist immer wieder zu lesen, dass der Blastozysten-Transfer in Deutschland nicht praktiziert wird. Tatsache ist: Er ist erlaubt – wird aber nicht sehr häufig praktiziert. Durch das längere Kultivieren sinkt die Überlebensrate der Embryonen, d.h. es müssen von Anfang an deutlich mehr weibliche Eizellen zur Verfügung stehen. Eine Voraussetzung, die bei vielen Paaren nicht gegeben ist.

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